„Menschen verschwinden wie früher an geheime Orte“
Die Welt
Tunesiens Präsident lässt Kritiker verhaften und baut das Land zur Diktatur um. Doch die EU bietet dem Regime finanzielle Unterstützung an, damit weniger Migranten über das Meer kommen. WELT sprach mit der Tochter des inhaftieren Oppositionellen Rached Ghannouchi.
Rached Ghannouchi, der Sprecher des Parlaments und Aushängeschild der islamistischen Ennahda-Partei, muss nach seiner Verhaftung weiter in Haft bleiben. Dies ordnete ein Richter am Donnerstag an. Dem 81-jährigen Islamistenführer wird „Konspiration gegen die Sicherheit des Staats“ vorgeworfen. Gleichzeitig schlossen die Behörden die Parteizentrale von Ennahda und nahmen weitere Mitglieder fest.
Das ist der neuste Schlag gegen die Opposition in Tunesien. Präsidenten Kais Saied, der sich selbst an die Macht putschte, in dem er im vergangenen Sommer das Parlament suspendierte und die Exekutivgewalt übernahm, geht gegen alle Kritiker seines undemokratischen Regierungsstils vor. Zuletzt hatten Polizeibeamte im Februar säkulare Politiker aus ihren Häusern gezerrt und prominente Kritiker, darunter Anwälte, Geschäftsleute und den Direktor eines beliebten Radiosenders hinter Gitter gebracht.