„Keine Beitrittsverhandlungen für ein Land im Krieg“ - EU erteilt Ukraine eine Absage
Frankfurter Rundschau
Der ukrainische Präsident Selensyj fordert einen EU-Schnellbeitritt seines Landes. Die Spitzen der EU sehen hierfür keine Möglichkeit.
Versailles / Kiew - Es ist keine zwei Wochen her, da richtete der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen emotionalen Appell an das Europaparlament. Kreml-Chef Wladimir Putin hatte vor wenigen Tagen seinen Ukraine-Krieg begonnen, da forderte Selenskyj in eindringlichen Worten die Aufnahme seines Landes in die Europäische Union. „Wir kämpfen für unsere Rechte, für unsere Freiheit, für unser Leben. Und nun kämpfen wir ums Überleben“, sagte Selenskyj am 1. März zu Beginn einer Sondersitzung des Parlaments in einer Videobotschaft. „Aber wir kämpfen auch, um gleichwertige Mitglieder Europas zu sein“, ergänzte er der Parlamentsübersetzung zufolge.„Beweisen Sie, dass Sie bei uns sind. (...) Beweisen Sie, dass Sie tatsächlich Europäer sind“, hatte Selenskyj auf die EU einwirken wollen. „Die Europäische Union wird deutlich stärker mit uns sein. Das steht fest“, sagte Selenskyj. „Ohne euch wird die Ukraine alleine sein.“ Sein Land habe im Ukraine-Konflikt seine Stärke bewiesen.
Doch nun hat die EU die Hoffnung der Ukraine auf eine baldige Mitgliedschaft gedämpft. In einer in der Nacht zu Freitag (11.03.2022) in Versailles veröffentlichten Erklärung der Staats- und Regierungschefs heißt es, die EU unterstütze die Ukraine auf ihrem „europäischen Weg“. Der von Kiew geforderten Schnellmitgliedschaft erteilten sie jedoch eine Absage. Den Schnellbeitritt hatten zuvor unter anderem Frankreich, die Niederlande und Luxemburg ausgeschlossen.
In der Versailler Erklärung heißt es, die Ukraine habe „das Recht, über ihr eigenes Schicksal zu entscheiden“. Darin wird auf den Antrag auf EU-Mitgliedschaft verwiesen, den Präsident Wolodymyr Selenskyj nur wenige Tage nach dem Einmarsch Russlands in sein Land.
Doch der von Kiew gewünschte Schnellbeitritt dürfte scheitern, wie mehrere Staats- und Regierungschefs es näher erläuterten. „Es gibt kein Eilverfahren für die Mitgliedschaft“, sagte etwa der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte in Versailles. Der französische Gipfel-Gastgeber Emmanuel Macron betonte, die EU könne kein „Beitrittsverfahren mit einem Land im Krieg“ eröffnen.
Der Gipfel wird am Freitag fortgesetzt. Dann wollen die EU-Spitzen über Möglichkeiten für eine stärkere Unabhängigkeit von Russland bei der Energieversorgung und den Ausbau der gemeinsamen Verteidigungsfähigkeit beraten. Ukraines Präsident Selenskyj bleibt einmal mehr mit seinen Forderungen gegenüber westlichen Staaten erfolglos. (ktho/afp)