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„Ich garantiere Ihnen, dass China in einem solchen Fall den Krieg erklären wird“
Die Welt
Kishore Mahbubani gilt als einer der klügsten geostrategischen Denker Asiens. Der aus Singapur stammende Ex-Botschafter wirft dem Westen im Gespräch mit Stefan Aust vor, China aus Arroganz falsch eingeschätzt zu haben. Die vergangenen 200 Jahre hält er für einen Unfall der Geschichte.
Kishore Mahbubani: Die Chinesen haben ihre eigene politische Geschichte, ihre eigenen politischen Traditionen und ihre eigene politische Kultur. Sie wissen, was in China funktioniert und was nicht. Ein gespaltenes Zwei-Parteien-System wie in den USA funktioniert aus ihrer Sicht nicht für China. Ich sage nicht, dass das meine Sicht ist. Aber aus ihrer Sicht beweist die chinesische Geschichte, dass es der Bevölkerung unter einer starken Führung am besten geht, und dass vor allem die sozial gesehen unteren fünfzig Prozent der Bevölkerung leiden, wenn die Führung gespalten ist. Laut einer Studie der Harvard Kennedy School ist die Zustimmung zur Kommunistischen Partei Chinas von 86 Prozent im Jahr 2003 auf 93 Prozent 2016 gestiegen. Warum? Weil sie in den letzten 40 Jahren die beste sozialökonomische Entwicklung ihrer Geschichte hatten.
Stefan Aust: Nun, dass große Teile der Bevölkerung mit Diktatur und Zensur einverstanden sind, solange sie unter einer Diktatur leben, das kennen wir auch aus der deutschen Geschichte.