„Etwas mehr Fehlerkultur würde Deutschland guttun“
Die Welt
Ethnologische Museen in Deutschland stehen vor großen Herausforderungen. Am Beispiel des Leipziger Museums für Völkerkunde wird deutlich, wie man sich neu erfindet. Afrika im Blick behalten, aber auch Sachsen selbst studieren, lautet der aufregende Ansatz.
Schwante einem nicht schon immer, dass die Sachsen ein besonderes Völkchen sind? Im Leipziger Grassi-Museum für Völkerkunde findet man seit Neuestem den Beweis. Jens-Thomas Nagel steht hinterm Biertresen seiner frisch musealisierten Kneipe „Weißes Roß“. Das Leipziger Traditionslokal musste 2019 nach 143 Jahren Betrieb schließen und wurde jetzt ins Museum verfrachtet – mitsamt Mobiliar und Wirt, der zu ausgewählten Veranstaltungen sein Grammophon mit Schellackplatten und das Prinzip Kneipe an und für sich erklärt.
Der letzte Betreiber parliert feinstes, hauchzartes Sächsisch und findet es kurios, mit seiner Kneipenkultur jetzt als genauso exotisch zu gelten wie Klangkunst von den Nikobaren oder Indigene vom Amazonas. Im Grunde passt der Ansatz, dass die deutsche Völkerkunde sich auch um einheimische Dinge kümmert, die museal geworden sind, ziemlich gut nach Sachsen, wo Mitglieder der Landesregierung Bücher schreiben, die identitätspolitische Titel tragen wie „Integriert doch erstmal uns!“