„Es gab eine Rinderpeitsche und eine, die ‚Jesus-Seil‘ hieß“
Die Welt
In US-Internaten litten Generationen indigener Kindern unter staatlich verordneter Grausamkeit – alles im Namen des Glaubens. Auch die Familie der Innenministerin ist betroffen. Ein Untersuchungsbericht soll nun das Ausmaß des Schreckens sichtbar machen.
Matthew War Bonnet war sechs Jahre alt, als er in das St. Francis-Internat zur Umerziehung indigener Kinder in South Dakota kam. Es fällt ihm immer noch schwer, über seine Erfahrungen in der katholischen Schule zu sprechen. „Gleich nach der Ankunft steckte der Pfarrer alle kleinen Kinder zusammen in eine Badewanne. Erst schrubbte er uns so lange mit einer harten Bürste ab, bis die Haut wund und offen war. Dann schnitt man uns die Haare ab“, berichtete der heute 75-Jährige vor dem Unterausschuss für indigene Völker des Abgeordnetenhauses.
Bonnet gehört dem Stamm der Sicangu Lakota an. „Schon meine Eltern waren als Kinder in der St. Francis-Schule. Auch sie wollten nie darüber reden.“ Erste Ermittlungen des gerade veröffentlichten Untersuchungsberichts der US-Regierung bestätigen die schlimmsten Befürchtungen über das, was sich in den Gemäuern abgespielt haben könnte. Auf dem Gelände ehemaliger Internate zur Umerziehung indigener Schüler wurden bislang 500 Kinderleichen gefunden. Historiker schätzen die Dunkelziffer der verstorbenen Kinder jedoch auf bis zu 40.000.