
„Er hat ihn drei Stunden angeschrien“: Wagner-Söldner packt über letztes Putin-Treffen mit Prigoschin aus
Frankfurter Rundschau
Nach Prigoschins Tod verrät ein Wagner-Kommandant neue Details zum letzten Treffen mit Putin. Offenbar wiegte der Kremlchef den Wagner-Boss in falscher Sicherheit.
Moskau – Wüste Beschimpfungen, dann ließ er ihn gehen: Kurz nach dem Tod von Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin hat ein Insider neue Details von dem letzten Treffen mit Wladimir Putin enthüllt. Nach dem gescheiterten Putsch-Versuch habe Russlands Präsident die Verantwortlichen in den Kreml zitiert und „die ganze Bande drei Stunden lang angeschrien“, sagte jetzt ein Wagner-Kämpfer in einem Interview mit der Nachrichtenplattform Meduza. Dass der Söldner-Chef danach abziehen durfte, habe bei Prigoschin zu der falschen Annahme geführt, dass er „unantastbar“ sei. Ein fataler Irrtum, wie sich nun herausstellte.
Denn Jewgeni Prigoschin ist tot. Auf den Tag genau zwei Monate nach seinem Aufstand gegen Russlands Militärführung wegen Unstimmigkeiten zum Ukraine-Krieg starb der Gründer der Wagner-Gruppe bei einem Flugzeugabsturz über Russland. Am Sonntag (27. August) bestätigte die Ermittlungsbehörde in Moskau den Tod. Ein DNA-Abgleich ergab dabei, dass Prigoschin unter den zehn toten Insassen des abgestürzten Privatjets war.
Die genauen Hintergründe für den Flugzeugabsturz bleiben weiter unklar. Derzeit gibt es nur Spekulationen und keine bestätigten Informationen für die Ursache. Dennoch vermuten viele im Westen, dass der Machtapparat um Putin seine Finger im Spiel haben könnte – aus Rache für den gewagten Putschversuch. So zeigte sich etwa US-Präsident Joe Biden von dem Absturz nicht überrascht. „Es gibt nicht viel, was in Russland passiert, hinter dem nicht Putin steckt“, sagte der Mann im Weißen Haus in einer ersten Reaktion. Zwar wies Moskau die Anschuldigung empört als „Lüge“ zurück. Dennoch hegen US-Geheimdienste den Verdacht, dass an Bord des Flugzeuges eine Bombe explodiert sein könnte.
Unabhängig überprüfen lässt sich das nicht. Aber fest steht, dass Prigoschin im Kreml in Ungnade gefallen war. Lautstark kritisierte er über Monate die Kriegsführung in der Ukraine und bezichtigte die Militärspitze öffentlich als unfähig. Der Streit gipfelte schließlich in dem Marsch auf Moskau, mit dem Prigoschin seine Gegner zu Fall bringen wollte. Erst wenige Kilometer vor der russischen Hauptstadt brach er seinen Aufstand ab – auf Vermittlung von Belarus-Diktator Alexander Lukaschenko.
Eigentlich scheint Prigoschin wegen seiner Meuterei fest mit dem Tod gerechnet zu haben – das zeigt ein aufgetauchtes Video, das vor dem Flugzeugabsturz aufgenommen worden ist. Darin unterhält sich Prigoschin mit seinem Stellvertreter Dimitri Utkin, der jetzt ebenfalls an Bord der Unglücksmaschine ums Leben kam, über ihre Strafe und den fast sicher geglaubten Tod.