„Ein Kampf wie nie zuvor“: Streik legt US-Filmbranche lahm
Frankfurter Rundschau
Von Los Angeles bis New York streiken Schauspieler und Drehbuchautoren für bessere Löhne und KI-Regulierung. Dreharbeiten liegen auf Eis. Und eine Premiere in Berlin muss ohne Stars auskommen.
New York - Linda Powell gehört zu den ersten, die sich am schwülen Freitagmorgen vor dem New Yorker Sitz des Streaming-Riesen Netflix am Broadway nahe des Union Square eingefunden haben. Fotografiert werden möchte die Schauspielerin nicht, sprechen schon. Sie gehört zu denjenigen Mitgliedern der Schauspielgewerkschaft SAG-AFTRA, die seit Mitternacht streiken - die Verhandlungen mit dem Verband der TV- und Filmstudios AMPTP über bessere Vergütung und die Regelung des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz (KI) waren zuvor gescheitert.
„Ich hatte gehofft, dass mit dem Streik der Drehbuchautoren schon genug Druck aufgebaut worden sei“, sagt Powell, die mit am Verhandlungstisch saß. „Das war nicht der Fall“. Nun mobilisiert die Gewerkschaft zum Streik: nicht nur in Los Angeles, sondern auch an anderen bedeutsamen Standorten für die US-Filmbranche, darunter New York und Atlanta im Bundesstaat Georgia.
Es ist der erste Doppelstreik von Schauspielern und Drehbuchautoren in den USA seit mehr als 60 Jahren. Der Betrieb dürfte landesweit auf unbestimmte Zeit still liegen. Der Streik ist vor und hinter der Kamera zumindest für alle gewerkschaftlich organisierten Schauspieler der mehr als 160.000 Mitglieder zählenden SAG-AFTRA verbindlich. Ihr gehören unter anderem auch Stuntleute und TV-Journalisten an.
Die Dreharbeiten zu zahlreichen Filmen wurden eingestellt, darunter „Deadpool 3“ und die „Gladiator“-Fortsetzung. Auch etliche Serien sind betroffen. Außerdem dürfen Gewerkschaftsmitglieder ihre Arbeit nicht mehr bewerben. So musste die Deutschland-Premiere von „Barbie“ am Samstag ohne Stars auskommen. Hauptdarstellerin Margot Robbie, ihr männliches Pendant Ryan Gosling und die Co-Stars America Ferrera, Issa Rae und Simu Liu sagten ihren Besuch in Berlin ab.
Obwohl viele Hollywood-Stars dem Arbeitskampf prominente Reichweite verleihen, allen voran Gewerkschaftspräsidentin Fran Drescher („The Nanny“), geht es im Kern um all diejenigen, die ihren Lebensunterhalt mit kleineren Nebenrollen oder als Statisten verdienen. Mitglieder von SAG-AFTRA qualifizieren sich ab einem jährlichen Einkommen von 26.000 US-Dollar (knapp 23 000 Euro) für die gewerkschaftliche Krankenversicherung. Ein Großteil erreicht diese Grenze aber schon lange nicht mehr.