„Die Töchter des Nordens“: Der Aufstand der Frauen
Frankfurter Rundschau
Sarah Halls Dystopie vor dem Hintergrund einer Dystopie und der Klimakatastrophe.
Der britische „Guardian“ hat Sarah Halls „The Carhullan Army“ (2007) zehn Jahre nach dem Erscheinen erneut besprochen und festgestellt: Der Roman über einen Polizeistaat auf der Insel, der sich nach dem durch die Klimakatastrophe hervorgerufenen „Kollaps“ etablieren kann, liest sich 2017 noch gruseliger, weil realitätsnäher. Und 2021 erst, kann die Rezensentin versichern, da das Buch unter dem Titel „Die Töchter des Nordens“ auf Deutsch erschienen ist, da vormals kühle Weltgegenden unter einer Hitze- und Dürreglocke liegen, hierzulande jeden Tag Unwetter mit Starkregen toben, da durch Donald Trump eine angeblich gefestigte, große Demokratie in ernste Gefahr gebracht wurde. Sarah Hall, 1974 in der Grafschaft Cumbria geboren, wo auch ihr Roman spielt, lässt klug im Dunkeln, wie es zu einer Regierung kommen konnte, die den Menschen Job und Wohnort einfach zuweist, sie fast lückenlos überwacht und ihnen das Reisen verbietet, eine Regierung, die die Mehrheit der Frauen in gebärfähigem Alter dazu zwingt, eine Spirale zu tragen. Der Zerfall der Infrastruktur, eine wohl inzwischen regelmäßige Regenzeit werden nur beiläufig erwähnt. Denn es berichtet eine Ich-Erzählerin, die Zeugnis ablegen will für die, die den Willen haben, Widerstand zu leisten – und sie kennen schließlich den schlimmen Status quo und wie es dazu kam. Die Erzählerin nennt sich nur „Schwester“, sie möchte anonym bleiben – besonders in den Händen des Regimes, in der Haftanstalt von Lancester, wo ihre Aussage aufgenommen wurde: Ihre „Akte“ macht den Roman aus. Dass diese Protokolle, so Sarah Halls Fiktion, teils zerstört sind, spricht für anhaltende Kämpfe.More Related News