„Die meisten Personen haben eine eigene Vorstellung von ihrem Suizid“
Die Welt
Suizid ist immer noch ein großes Tabu. Weil aber so wenig darüber geredet wird, haben sich viele falsche Vorstellungen festgesetzt. Eine Ausstellung in Kassel räumt jetzt mit den größten Vorurteilen auf. Und zeigt, dass sich viele Versuche schon mit einfachen Mitteln verhindern lassen.
„Von allen Ausstellungen, die wir bisher geplant haben, sind wir mit dieser auf die meisten Widerstände gestoßen“, erzählt Dirk Pörschmann, Direktor des Museums für Sepulkralkultur. Er macht darauf aufmerksam, dass die Schwierigkeiten bereits bei der Begriffswahl anfangen: Der aus der Zeit Martin Luthers stammende Begriff „Selbstmord“ stigmatisiere die Handlung, während „Freitod“, von Nietzsche und den Romantikern ins Spiel gebracht, mit einer Idealisierung einhergehe. Erst seit dem 20. Jahrhundert habe sich „Suizid“, die Selbsttötung, als wertneutrale Bezeichnung durchgesetzt.
Dass das Thema Suizid auch heute noch tabuisiert wird, hat gute Gründe: Jede Berichterstattung geht das Risiko ein, eine Welle an Nachahmern in Gang zu setzen. Deshalb entwarf der Deutsche Presserat 1997 Richtlinien, die einer voyeuristischen Beschäftigung mit der Problematik entgegenwirken sollen. Problematisch wird das Verschweigen jedoch dann, wenn es Unsicherheit stiftet, Scham erzeugt, Stigmatisierung verstärkt, und so eine effektive Prävention qua Dialog verhindert.