„Die Angst verfolgt mich sogar in meinen Träumen“
Die Welt
Belarus nach den Protesten: Vier Menschen erzählen von ihrem Alltag und der dauernden Angst. Angst vor den Milizen, der eigenen Familie, der Annexion durch Russland. Sie erklären auch, warum so viele zu Lukaschenko halten, obwohl sie ihn hassen.
Die Leute zahlen Steuern, gehen zur Arbeit, weil sie Angst haben. Jeder weiß, wie schrecklich es in den Untersuchungsgefängnissen zugeht, dass gefoltert, vergewaltigt, geschlagen wird. Ich laufe durch die Straßen von Minsk und sehe, dass nichts mehr da ist von der Revolution. Wenn überhaupt, dann nur Angst in den Augen oder Fetzen von gedämpften Gesprächen in einem Park, in einem Geschäft oder an einem Cafétisch: „Hast du gehört, dass sie ihn auch eingelocht haben? Und die Nichte seiner Frau steht nächste Woche vor Gericht. Und diese und jene Nachbarn sind schon lange weg.“ Sie flüstern. Ich auch. Du weißt, die Folter, die Repressalien gegen die Familie ... Ich fühle mich nicht sicher, weder zu Hause noch auf dem Weg zur Arbeit, noch an meinem Schreibtisch. Ich weiß, dass ich verschwinden kann und nie zurückkomme. Ich weiß, dass sie mich verprügeln oder töten können und niemand wird dafür zur Rechenschaft gezogen. Deshalb halte ich mich lieber bedeckt. Ich kann die Welt nicht alleine verändern, ich kann Belarus nicht im Alleingang befreien.More Related News