
„Be My Baby“-Sängerin Ronnie Spector ist tot: Ich gebe dir drei dafür
Frankfurter Rundschau
Zum Tod der Sängerin Ronnie Spector von den Ronettes.
Bevor uns die Corona-Viren über die Mechanismen und Gefahren des exponentiellen Wachstums das Fürchten lehrten, hatte es Ronnie Spector bereits in charmant-popmusikalischer Manier durchgespielt. Für jeden Kuss, den du mir gibst, hieß es 1963 in dem grandiosen Welthit „Be My Baby“ von den Ronettes, gebe ich dir drei zurück. Was im Überschwang der Liebe als leidenschaftliches Bekenntnis erscheinen mag, kann – für bare Münze genommen – schnell zur Erschöpfung führen.
Für Phil Spector und die Ronettes, ein seit 1957 aus den Schwestern Ronnie und Estelle Bennett sowie deren Cousine Nedra Alley bestehendes Gesangstrio, war es der Aufstieg in den Pophimmel im Zeichen des Spector-Sounds. „Be My Baby“ nämlich war nicht einfach nur ein süßlich-eingängiger, von adretten jungen Frauen vorgetragener Schlager, sondern die Etablierung eines Sounds lustvoller Übertreibung.
Produzent Phil Spector war ein musikalischer Perfektionist und besetzte alle Instrumente mehrfach. Zu „Be My Baby“ erklingen vier Gitarren, ebenso waren zwei Bassisten, zwei Schlagzeuger und vier Keyboarder für die Aufnahmen verpflichtet worden, darunter Leon Russel, der kongeniale Arrangeur von Joe Cockers späterer Band Mad Dog And Englishmen.
Ronnie Spector, 1943 im New Yorker Stadtteil East Harlem geboren, heiratete Phil Spector zwei Jahre nach der Auflösung der Ronettes. Also Solokünstlerin konnte sie jedoch kaum mehr an die Erfolge des Trios anknüpfen, obwohl sogar George Harrison von den Beatles 1971 den Song „Try Some, Buy Some“ für sie geschrieben hatte. Die Ronettes hatten nicht zuletzt aufgrund ihre äußerer Erscheinung für Furore gesorgt. Mit ihren hochtoupierten Big-Hair-Frisuren lösten sie sich vom Image artiger Gesangsschwestern, und mit ihren Tanzchoreografien legten sie die Spur zu einer Präsentationform jenseits des bloßen Haltens von Mikrofonen.
Ihre Ehe aber wurde für Ronnie Spector bald zur Hölle. Phil Spector erwies sich als Kontrollfreak und Schläger, die Trennung erfolgte 1972, die Scheidung zwei Jahre später. Der in der Branche wegen seiner musikalischen Qualitäten weithin geschätzte, 2021 gestorbene Produzent war 2009 wegen der Ermordung der Schauspielerin Lana Clarkson zu 19 Jahren Haft verurteilt worden.