Überwintern in Spanien, um Energiekosten zu sparen?
DW
In Spanien mehren sich die Stimmen, die sagen: Deutsche sollten, statt Putins Krieg mit Gas für die eigene Heizung zu finanzieren, lieber im Süden überwintern. Macht das Sinn?
Carlos Bernat leidet vielfältig unter der aktuellen Energiekrise. Der 57jährige Spanier arbeitet für einen deutschen Autozulieferer, hat Familie in Deutschland und kennt als Logistik-Manager die Auswirkungen des Konfliktes mit Russland auf die deutsche Wirtschaft. Und auch in seinem eigenen Land werden Horror-Szenarien für die kommenden Monate propagiert.
Der Madrilene senkte seine Stromrechnung mit einer neuen Solaranlage auf dem Dach: "Mal schauen, was der Winter bringt." Sein Vorschlag an die Deutschen, die es seiner Meinung nach schlimmer treffen wird und wo es nicht 3000 Sonnenstunden im Jahr gibt: "Wer kann, sollte in diesem Jahr im Süden überwintern."
Das Faible der Deutschen für einen zweiten Wohnsitz in Spanien ist bekannt. Nach Angaben des spanischen Eigentumsregisters (Colegio de Registradores de la Propiedad) waren sie im vergangenen Jahr die kaufreudigsten Immobilieninvestoren, vor allem auf den Balearen, Kanaren und in der autonomen Region Valencia: "Wir dürfen den Krieg in der Ukraine nicht weiter indirekt durch unsere Gasheizungen mitfinanzieren," meint Bernat.
Er ist nicht der Einzige, der diese Idee hat. In den vergangenen Wochen wurden zum Beispiel verschiedene internationale Marketingkampagnen von den Kanaren und auch von der Costa del Sol für Dauerurlauber aus dem kalten Nordeuropa gestartet. Wie schon mit anderen Initiativen versuchen die Spanier, die Notsituation der Deutschen wirtschaftlich für sich zu nutzen.
Nach einem Rekordsommer streben Hotels, Ferienhausanbieter und Restaurants nun den Rekordwinter an. Ob es jedoch einen Zusammenhang zwischen dem deutschen Gasmangel und einem Anstieg der Reisebuchungen gibt, ist fraglich, aber auch TUI und Lufthansa berichten in ihren Jahresprognosen von einer ungewöhnlich starken Nachfrage für die kommenden Wintermonate.