Ältere Ukrainer werden im Krieg "vergessen"
n-tv
Für Yulia Panfiorowa ist der russische Angriff auf die Ukraine bereits der dritte Krieg. "Es ist so schrecklich", berichtet die 83-Jährige. Ihr Leid teilen Tausende ältere Menschen aus der Ukraine. Viele sind auf sich alleingestellt sind, manche finden Zuflucht in notdürftig eingerichteten Pflegeheimen.
"Am 21. März bin ich kurz mal vor die Tür gegangen, um zu rauchen. Eine Granate schlug ein, ich verlor meinen Arm". Wladimir Lignow zeigt seinen Stumpf; den abgetrennten linken Arm spürt er immer noch, wie er sagt. Wider Willen verkörpert der 71-Jährige das Schicksal vieler alter Menschen, die zu den unsichtbaren Opfern des russischen Angriffskriegs in der Ukraine geworden sind.
Nach dem Angriff wurde Lignow aus dem ostukrainischen Awdijiwka in ein Pflegeheim nach Dnipro ins Zentrum des Landes gebracht. Doch er ist verwirrt und verängstigt. "Ich verstehe nicht, was hier vor sich geht", sagt er. In einer Woche müsse er zur weiteren Behandlung ins mitten im Kriegsgebiet liegenden Krankenhaus von Myrnorad zurückkehren, wo ihm der Arm amputiert wurde, sagt der ehemalige Lokführer und fügt dann hinzu: "Ich mag nicht mehr weiterleben". Versonnen schaut er einem alten Mann hinterer, der an ihm vorbeihumpelt.
Körperliches und geistiges Leid scheint bei den neuen Insassen der notdürftig zu einem Pflegeheim umfunktionierten alten Entbindungsstation allgegenwärtig zu sein. Viele sind traumatisiert: Eben noch sieht einer der alten Männer, die gerade in einem Lieferwagen aus den umkämpften Gebieten vor das Heim gefahren wurden, so aus, als würde er jeden Moment umfallen. Dann stürzt er sich auf seine Zigaretten und packt seine Habseligkeiten, als müsse er sich sofort wieder in Sicherheit bringen.