Vom Ende der Endlichkeit: Podiumsdiskussion über „Die digitale Seele“
Frankfurter Rundschau
Eine Debatte über künstliche Intelligenz. Von Steffen Herrmann
Wir erleben einen Tabubruch.“ Moritz Riesewieck ist mit seinem Kollegen Hans Block monatelang um die Welt gereist – auf der Suche nach der digitalen Unsterblichkeit. Am Freitagabend sitzt der Filmemacher auf einem Podium im Historischen Museum Frankfurt und präsentiert das Ergebnis ihrer Reise. Ein Buch, es trägt den gleichen Titel wie die Open-Books-Veranstaltung: „Die digitale Seele“.
Die Botschaft der beiden Kreativen: Etwas verschiebt sich. „Wir erleben den Anfang vom Ende der Endlichkeit“, sagt Riesewieck. Und meint die zunehmende Verwebung von Mensch und Maschine, den Versuch, unsterblich zu werden mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz. Aber auch den Einsatz von selbstlernenden Systemen in der Pflege, Pädagogik oder Pornoindustrie.
Zwei Beispiele aus dem Buch: In Kalifornien treffen Riesewieck und Block einen Mann, dessen Vater an Krebs sterben wird. Um die Persönlichkeit des Vaters am Leben zu erhalten, „seine Art zu denken, zu sprechen und zu scherzen“, entwickelt der Sohn einen Chatbot. Grundlage für das Programm sind lange Gespräche mit dem Sterbenden – keine kühle Abrechnung mit dem Leben, dem Sohn geht es um den Humor des Vaters, um die Momente, mit denen der Chatbot gefüttert wird. Er wird noch zu Lebzeiten des Vaters fertig. Der Sohn konfrontiert die Eltern mit dem Programm. Die Mutter ist fasziniert, der Vater irritiert.