UN-Bericht: Kampf um Erhalt der Gletscher praktisch verloren
DW
Weltweit sind die Gletscher im Vorjahr dramatisch schnell geschmolzen. Gegenmaßnahmen scheinen praktisch aussichtslos. Zu diesem Ergebnis kommt die Weltorganisation für Meteorologie in ihrem Jahresbericht zum Weltklima.
Der Klimawandel bringt immer mehr Eismassen in den Alpen zum Schmelzen. Allein in der Schweiz seien zwischen 2021 und 2022 rund sechs Prozent des Gletschereisvolumens verloren gegangen, erklärte die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) in ihrem Statusbericht zum Weltklima 2022. Zwischen 2001 und 2022 sei in der Schweiz sogar ein Drittel des Gletschervolumens verschwunden, heißt es in dem Bericht. Zum ersten Mal in der Geschichte habe selbst an den höchstgelegenen Messstellen kein Schnee die sommerliche Schmelzperiode überstanden. Somit habe sich kein neues Eis ansammeln können. Ein Wetterballon habe am 25. Juli die Temperatur von null Grad Celsius in 5.184 Metern Höhe registriert, das sei die höchste aufgezeichnete Null-Grad-Linie in der 69-jährigen Aufzeichnungshistorie, teilte die UN-Organisation in Genf mit.
"Das Abschmelzen einiger europäischer Gletscher hat buchstäblich alle Grenzen gesprengt", erklärte die WMO. Der Kampf um die Gletscher sei praktisch bereits verloren, sagte WMO-Chef Petteri Taalas der Nachrichtenagentur AFP. Außerdem ist laut Bericht der Umfang des Meereises in der Antarktis "auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen gefallen".
Zugleich haben entscheidende Gradmesser für den Klimawandel erneut Höchststände erreicht. Demnach waren die vergangenen acht Jahre die wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1850, und dies trotz der abkühlenden Wirkung des La-Nina-Phänomens in den vergangenen drei Jahren. 2022 sei das fünft- oder sechstwärmste Jahr gewesen, so der Bericht. Im vergangenen Jahr lagen die Temperaturen demnach 1,15 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Das Pariser Klimaabkommen sieht eine Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad und möglichst 1,5 Grad vor. Derzeit steuert die Erde nach UN-Angaben aber auf eine Erwärmung von 2,5 bis 3 Grad zu. Neue Höchststände registrierte der Bericht auch beim Anstieg der Meeresspiegel, der Erwärmung der Ozeane und bei der Treibhausgas-Konzentration in der Atmosphäre.
Trotz der schlechten Daten sieht Taalas aber auch Gründe zur Hoffnung. Zum einen werde grüne Energie billiger als fossile Brennstoffe, erklärte er. Zum anderem entwickle die Welt bessere Methoden zur Eindämmung des Klimawandels. Eine gute Nachricht sei auch, dass inzwischen "der private Sektor und die großen Unternehmen weltweit Teil der Lösung sein wollen", sagte der WMO-Chef. So hätten 32 Länder ihre Emissionen reduziert, ihre Wirtschaft sei trotzdem gewachsen. Der Planet steuere nicht mehr auf eine Erwärmung von 3 bis 5 Grad Celsius zu, wie noch 2014 prognostiziert worden sei, fügte Taalas hinzu. "Im besten Fall könnten wir immer noch eine Erwärmung von 1,5 Grad Celsius erreichen."
WMO-Generalsekretär Taalas wies auch auf die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Klimaveränderung hin. Während die Treibhausgasemissionen weiter anstiegen, seien vergangenes Jahr Abermillionen von Menschen von Dürren in Ostafrika, Starkregen in Pakistan oder Hitzewellen in China und Europa betroffen gewesen. Folgen seien Ernährungsunsicherheit und Massenmigration sowie Verluste und Schäden in Milliardenhöhe. Taalas mahnte erneut zum Ausbau von Frühwarnsystemen.