Streit um die Entschädigung der Hohenzollern: Glashaus, Steine, Scherben
Frankfurter Rundschau
Der Streit um die Entschädigung der Hohenzollern für enteignetes Vermögen nimmt groteske Formen an. Einige Historiker und Juristen argumentieren mit hanebüchenen Vergleichen für die Kaiser-Erben
Es gibt wieder einen Historikerstreit in Deutschland. Der Anlass und die Differenzen sind eher marginal, die Fronten dennoch maximal verhärtet. Vordergründig geht es um die Rolle des einstigen Kronprinzen Wilhelm, Sohn des letzten Kaisers Wilhelm II., und sein Anbiedern an die antidemokratischen Kräfte der Weimarer Republik und die Parteinahme für die Nazis in der Phase um die Machtübernahme Hitlers 1933. Doch dahinter tobt ein Streit, in dem wie bei anderen vergifteten Debatten auf der einen Seite Totschlag-Begriffe wie „Mainstream“ und „politische Korrektheit“ fallen und auf der anderen eine „Kontinuitätsfurcht“ vor vermeintlich wieder erstarkenden revanchistischen Netzwerken herrscht.
Die Kollaboration des Ex-Kronprinzen und seiner Familie mit den Nazis ist belegt und wird von niemandem ernstlich bestritten. Der Historiker Stephan Malinowski hat in seinem vor kurzem erschienenen fulminanten Werk „Die Hohenzollern und die Nazis“ das Nötige breit auf 784 Seiten aufgeschrieben. Er hält sich damit seit Wochen auf der Sachbuch-Bestenliste. Auch Lothar Machtan kommt in seiner vom aktuellen Familienoberhaupt finanziell geförderten Studie „Der Kronprinz und die Nazis“ zum Schluss, Wilhelm habe sich den Nazis angedient, um die Republik zu stürzen und die Monarchie wieder einzuführen. „Die meisten seiner Machtoptionen erweisen sich als aussichtslos, wozu er selbst einiges beiträgt – durch Unvorsichtigkeit und Fehlentscheidungen, aber auch mangelnde Integrität“, schreibt Machtan allerdings.
Über die politischen Sympathien des ehemals herrschenden Hauses gibt es keinen Zweifel. Ex-Kronprinzessin Cecilie amtierte als Schirmherrin des antisemitischen, rechtsextremen „Luisenbundes“, dem 1933 200 000 Frauen angehörten. Im Mai 1933 unterstellte sie diese Organisation unaufgefordert „bedingungslos der Führung Adolf Hitlers“, den sie zuvor als „den starken Beschützer des wahrhaft deutschen Wesens und aller nationaler Kräfte im Volk“ bezeichnet hatte. Cecilies Wirken, das die Historikerin Birte Förster erforscht hat, spielt in der Debatte bisher keine Rolle. Die Urteile über ihren Mann schwanken vereinfacht zwischen den Polen „gefährlicher rechtsextremer Influencer“ und „unfähiger Trottel“.