Sehnsuchtsort: Chaletdorf
Süddeutsche Zeitung
Genug Abstand zum Nachbarn, Versorgung wie durch Geisterhand, dazu gut getarnter Luxus für die gebeutelte Großstadtseele. Das versprechen sogenannte Chaletdörfer. Aber wie authentisch ist das?
Der Moment bleibt etwas gewöhnungsbedürftig: Punkt halb acht rappelt es an der Haustür, gefolgt von emsigem Trippeln und professionellem Tellerklappern. Jemand ist in der Stube, direkt nebenan. Aber wer? Man liegt erstarrt unter dicken Plumeaus der Sorte Tiroler Bergwinter und wagt zehn Minuten kaum zu atmen. Erst als die Tür ins Schloss fällt und zwei Sicherheitsminuten vergangen sind, setzt wieder Entspannung ein, dann aber gleich total: Vor dem bodentiefen Fenster steht der Wald und schweiget, über die benachbarten Bergkämme jagen ein paar zerrissene Wolken, während sich drinnen eine Warmfront aus Semmel- und Kaffeeduft durch die Holztür schleicht. Ein Geruch, der nichts anderes sagt als: Dieses Frühstück, für das die Heinzelmännchen gerade gesorgt haben, ist die einzige Verpflichtung, die du heute hast. Und selbst die lässt sich im Schlafanzug absolvieren.