Russlands Propaganda in Lateinamerika
DW
In Lateinamerika waren russische Staatsmedien schon vor dem Krieg in der Ukraine eine unübertroffene Größe. Sie ködern ihr Publikum mit populären Inhalten - und das nicht nur in autoritär regierten Staaten.
Fakten, Halbwahrheiten, Gerüchte und ein paar Fake News gemischt mit Schlankheitstipps, Sport und Showbiz, präsentiert von Journalisten: Das tägliche Brot in der Medienlandschaft vieler Länder Lateinamerikas. Bei russischen Staatsmedien wie Russia Today und Sputnik hat dies System - dahinter verbirgt sich gezielte Desinformation. Experten stufen beide Sender als Propagandaorgane der russischen Regierung ein.
Der spanischsprachige Ableger von Russia Today, Actualidad RT, hat seit seiner Gründung im Jahr 2009 einen Senkrechtstart hingelegt. Mit mehr als 18 Millionen Followern auf Facebook und fast sechs Millionen auf YouTube übertrifft der "Ableger" die englischsprachigen Profile mit etwa sieben Millionen Nutzern auf Facebook und rund viereinhalb Millionen auf YouTube bei weitem.
"Russland hat die heimische Fußball-Weltmeisterschaft 2018 genutzt, um mit seinen Medien in Lateinamerika Fuß zu fassen", sagt Mario Morales, Professor für soziale Kommunikation an der kolumbianischen Universität Javeriana, gegenüber der DW. Über den angeblich unpolitischen Sport "präsentierte Moskau RT als eine Alternative, die vorgab, weder Propaganda noch ideologische oder staatliche Interessen zu transportieren". RT habe, so Morales, in Lateinamerika seitdem nicht nur den Medienmarkt durchdrungen, sondern auch eine "loyale Gefolgschaft" von Nutzern aufgebaut.
"Russische Staatsmedien konnten sehr leicht in Lateinamerika eindringen, weil sie vielen Medienhäusern in Lateinamerika ähneln, die sich staatstragend präsentieren und letztendlich den Interessen der jeweiligen Regierung dienen", erklärt die argentinische Medienforscherin Adriana Amado gegenüber der DW. In vielen Ländern Lateinamerikas existierten Medien mit klaren Propagandazielen neben Medien, die professionelle journalistische Standards einhalten.
Nach Angaben von RT beschäftigt der Sender 200 spanischsprachige Mitarbeiter und hat Büros in Caracas (Venezuela), Havanna (Kuba) und Buenos Aires (Argentinien). Obwohl RT nach der russischen Invasion in der Ukraine aus den sozialen Medien verbannt wurde, finden die Inhalte über andere Webseiten und Postings immer noch eine weite Verbreitung. Bei Actualidad RT fiel zu diesem Zeitpunkt auch der letzte Schleier kritischer Reflexion. Der russische Einmarsch wurde bedingungslos verteidigt, auch von der in Lateinamerika populären Influencerin und stellvertretenden Direktorin von Actualidad RT, Inna Afinogenova.