Putins lateinamerikanische Freunde
DW
Russlands Engagement in Lateinamerika scheint sich politisch nicht auszuzahlen. Die meisten Länder verurteilen die russische Invasion in der Ukraine. Nur wenige sozialistische "Bruderstaaten" stehen hinter Putin.
Ganz Lateinamerika wurde vom Krieg in der Ukraine kalt erwischt. Die offiziellen Reaktionen schwanken von einer klaren Verurteilung durch Kolumbien, Chile und Guatemala, bis hin zu Solidaritätsbekundungen mit Putin von Nicaragua, Kuba und Venezuela. Forderungen nach einer Waffenruhe und Dialog kamen aus Peru, Ecuador, Honduras und dem aktuellen Sicherheitsratsvorsitzenden Mexiko.
Angesichts dieser Kakophonie sprach der argentinische Außenpolitikexperte Juan Gabriel Tokatlian von einer "dramatischen Fragmentierung". "Da wurde nichts abgestimmt", kritisierte der Vizerektor der Universität Torcuato Di Tello aus Buenos Aires in einem TV-Interview. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) habe zwar eine gemeinsame Erklärung aufgesetzt, aber viele Staaten wie Uruguay, Jamaika, Argentinien oder Brasilien hätten diese nicht unterschrieben.
Das bizarrste Bild bot Brasilien, wo sich Staatschef Jair Bolsonaro zunächst für "neutral" erklärte, und dann von seinem Vizepräsidenten General Hamilton Mourão zurückgepfiffen wurde. Dieser verurteilte die russische Invasion in der Ukraine und rief dazu auf, Kiew militärisch zu unterstützen. Brasiliens UN-Botschafter erklärte derweil, Russland habe die "rote Linie überschritten".
Bolsonaro war nur wenige Tage vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine nach Moskau gereist und hatte demonstrativ den Schulterschluss mit Putin geübt. Auch Argentiniens Präsident Alberto Fernández bot sein Land als Eingangspforte für russische Investitionen in Lateinamerika an.
Bis zur UN-Vollversammlung am 2. Februar war dann das diplomatische Chaos einigermaßen gelichtet: Die Mehrzahl der lateinamerikanischen Länder stimmte schließlich für die Resolution, in der Russland aufgefordert wurde, seine Gewalt gegen die Ukraine einzustellen und jegliche Bedrohung ähnlicher Art gegen ein anderes Mitgliedsland der UNO zu unterlassen. Nur Bolivien, Kuba, El Salvador und Nicaragua enthielten sich. Venezuela kritisierte die Vorlage, durfte aber nicht abstimmen, weil das Land seine UN-Beiträge nicht entrichtet hat.