Putins "blitzschnelle" Antwort auf Ramstein
DW
Bluff oder Alarm? Wie gefährlich sind Wladimir Putins Drohung einer "blitzschnellen Antwort" auf die Einmischung in den Ukraine-Krieg? Von Juri Rescheto aus Riga.
Spricht man in diesen Tagen mit Letten, schließen die meisten von ihnen einen potentiellen russischen Angriff auf ihr Land nicht aus. Lettland teilt mit Russland nicht nur eine lange gemeinsame Grenze, sondern auch eine lange gemeinsame Sowjetvergangenheit, die man hier schlicht Besatzung nennt.
Seit den 1990er Jahren sind die drei baltischen Staaten wieder unabhängig. Und sie wollen, dass das so bleibt. Besonders jetzt. Denn seit dem russischen Angriff auf die Ukraine sind besonders diejenigen alarmiert, die die Warnungen von US-amerikanischen Geheimdiensten über diesen Angriff nicht ernst genommen haben.
Für viele klangen deswegen die Worte des russischen Präsidenten Wladimir Putin bei einer Versammlung von Spitzenfunktionären in Sankt Petersburg alarmierend. Sollte sich jemand in den Krieg direkt einmischen, drohte Putin, würde sein Land blitzschnell reagieren: "Wir haben dafür alle Instrumente", sagte der Kremlchef, "und wir werden nicht prahlen. Wir werden sie anwenden, wenn es nötig ist. Und ich will, dass alle das wissen." Die notwendigen Beschlüsse seien bereits gefasst worden.
Aber welche genau? Der unabhängige russische Militärexperte Juri Fjodorow schließt nicht aus, dass Putin Atomwaffen gemeint hat, weil er in seiner Drohung ganz klar die Länder gemeint hätte, die Atomwaffen besitzen würden, allen voran die USA und Großbritannien. Im Gespräch mit der DW vermutet Fjodorow: "Putin und seine Berater kommen zu der Überzeugung, dass die Ukraine nicht mit herkömmlichen Waffen zu besiegen ist. Der Kreml sieht Atomwaffen als ultima ratio (lat. für das letzte Argument – Anm. der Red.), jene Waffe, die den Ausgang des Kriegs bestimmt.”
Neben den Atomwaffen könnte der russische Präsident aber auch die russische Hyperschallrakete Zirkon gemeint haben, vermutet Fjodorov, einen schiffsgestützten Flugkörper, der Seeziele angreift und in der NATO-Klassifikation SS-N-33 heißt. Die Zirkon-Rakete fliege zwar schnell, aber nicht weit, so Fjodorow, nur 300 bis 400 Kilometer: "Trotzdem mag Putin sie, er ist sehr stolz auf sie.” Der Militärexperte zweifelt dennoch an der Effektivität von Zirkon: "Die hohe Geschwindigkeit ist wichtig für die Zerstörung beweglicher Seeziele, damit diese sich nicht weit vom Zielpunkt entfernen können." Die meisten Bodenziele seien jedoch unbeweglich, daher spiele eine hohe Geschwindigkeit dort nicht die größte Rolle. "Außerdem muss die Rakete beim Wiedereintritt in die dichte Atmosphäre ihre Geschwindigkeit wieder reduzieren, sonst verbrennt sie."