Letzte Chance Glasgow
Frankfurter Rundschau
Der UN-Gipfel in Schottland müsste die Wende für den Klimaschutz bringen. Doch das ist leider unwahrscheinlich.
Die Kurve kennt, mit kleinen Ausnahmen, nur eine Richtung: nach oben. Seit 1970 haben sich die energiebedingten CO2-Emissionen global von 16 auf 38 Milliarden Tonnen mehr als verdoppelt. Hinzu kommen die anderen Quellen für Treibhausgase, sodass die Weltgemeinschaft in diesem Jahr die Rekordmenge von geschätzt 60 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalenten in die Atmosphäre pusten wird. Und da soll nun ein zweiwöchiges Gipfeltreffen die Wende bringen? Die COP26 in Glasgow, die am Wochenende beginnt? Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt, doch sich Illusionen zu machen, bringt nichts. Denn: Dass Glasgow die Welt rettet, ist leider unwahrscheinlich.
Das UN-Treffen in Schottland gilt vielen als letzte Chance, das Ruder herumzuwerfen. Konkret: das 1,5-Grad-Limit der globalen Erwärmung doch noch anzusteuern. Um dieses Ziel in Reichweite zu halten, müssen die weltweiten Emissionen bis 2030 praktisch halbiert werden. Das umzusetzen bedeutet, die bisherige Logik des fossil befeuerten Wohlstands und Wachstums binnen nicht mal eines Jahrzehnts abzulösen durch ein grünes Leitbild mit 100 Prozent CO2-freiem Strom, Wasserstoffwirtschaft, E-Mobilität, Energieeffizienz – und in den reichen Ländern Genügsamkeit statt Konsumorgien.
Wie groß die Herausforderung ist, zeigt besagte CO2-Kurve. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges haben nur ökonomische Megakrisen oder Umbrüche einen Rückgang der Emissionen bewirkt: die erste und die zweite Ölkrise, der Zusammenbruch des Ostblocks, die Weltwirtschaftskrise nach der Lehman-Pleite und zuletzt Corona. Nach jeder Krise erreichten die Emissionen schnell wieder den Wert von vorher, und dann ging es mit Volldampf weiter nach oben.