Lauterbach hält Söders Schritt für "hochproblematisch"
Süddeutsche Zeitung
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Lothar Wieler, der Präsident des Robert-Koch-Instituts, haben sich zur aktuellen Corona-Lage geäußert. Dabei ging es zum einen um die Omikron-Lage und den richtigen Zeitpunkt für Lockerungen. "Wir sind in einer schwierigen Situation", sagte Lauterbach. Man sehe sowohl positive als auch negative Entwicklungen. Der Höhepunkt der Omikron-Welle werde vermutlich Mitte Februar kommen, ungefähr so, wie es die Modelle, auf die sich die Bundesregierung stützt, es vorhergesagt hätten. Deutschland habe sowohl eine sehr alte Bevölkerung als auch große Impflücken. "Von daher sind wir noch immer gefährdet", so Lauterbach. Es gebe etwa noch immer zu viele Todesfälle. Breite Lockerungen könne man derzeit nicht vertreten. Er wundere sich über die Diskussion in Teilen der Öffentlichkeit. Man werde zwar deutlich vor Ostern lockern können, aber nicht sofort.
"Ich bin optimistisch, dass wir die Omikron-Welle bald überstanden haben", sagte Wieler. Man müsse zwar weiter beobachten, wie sich die Situation auf den Intensivstationen und in den Krankenhäusern insgesamt entwickle. Der Anteil der Menschen, die an der Omikron-Variante schwer erkranken, sei aber deutlich geringer als bei Delta. Ihm mache Sorge, so Wieler, dass es bei den über 60-Jährigen immer noch zu viele Ungeimpfte gebe. Außerdem erlebe man derzeit einen "Rebound": Die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen sei durch das Abflauen der Deltawelle gesunken, steige nun aber wieder leicht.
Was die PCR-Tests angehe, könne Deutschland derzeit 300 000 Tests pro Tag vornehmen, erklärte Lauterbach. Man werde die Testverordnung so anpassen, dass bei einem Verdacht auf eine Infektion, etwa wenn Symptome vorliegen, stets ein PCR-Test zum Einsatz komme. Allerdings müsse zuvor ein Antigen-Test gemacht werden. Erst wenn dieser positiv sei, werde ein PCR-Test vorgenommen. Ausreichend seien Antigen-Schnelltests beim Freitesten nach einer Quarantäne.
Lauterbach bezog auch Stellung zur Diskussion um die einrichtungsbezogene Impfpflicht im Gesundheitswesen, die die Union aussetzen will, obwohl sie das Gesetz im Dezember mitbeschlossen hat. Bayern Ministerpräsident Markus Söder war in dieser Frage am Montag vorgeprescht und hatte für sein Bundesland die Aussetzung angekündigt. "Das halte ich für hochproblematisch", sagte Lauterbach. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht diene nicht zur Gängelung des Personals, sondern zum Schutz der hochgefährdeten Bewohnerinnen und Patienten. Die Entscheidung Söders sei "ein völlig falsches Signal". Man erwecke damit den Eindruck, dass man politisch erpressbar sei.
Der Entscheidung, das Gesetz nicht in Vollzug zu setzen, liege die Vorstellung zugrunde, dass die Omikron-Welle noch durchgehe und dann das Problem erledigt sei. Das sei "vollkommen abwegig". Auch die allgemeine Impfpflicht befürwortete Lauterbach erneut. Er werde sich freuen, wenn man damit im Herbst eine neue schwere Coronawelle verhindern könne.