Jüngster Titanic-Taucher wird deutlich: Er hätte nie einen Fuß in die „Titan“ gesetzt
Frankfurter Rundschau
Wie konnte es zu der „Titan“-Tragödie kommen? Der jüngste Mensch, der je das Titanic-Wrack erkundete, warnt vor Gefahren der Tiefseeforschung.
München ‒ Sebastian Harris, Sohn des Titanic-Expeditionsleiters G. Michael Harris, war 2005 im Alter von gerade einmal 13 Jahren der jüngste Mensch, der bisher zur Schiffsunglücksstelle der vor 110 Jahren gesunkenen Titanic im Nordatlantik tauchte. Rund zwölf Stunden dauerte die Reise. Sechs Stunden habe er mit der Erkundung des Wracks erbracht, berichtet Harris jetzt der britischen Sun. Der Tauchgang brachte dem damals 13-Jährigen anschließend sogar einen Platz im Guinness-Buch der Rekorde ein. Nun warnt er vor den Gefahren eines solchen Tauchgangs. Auch unter dem Eindruck des Dramas um das verunglückte Tauchboot „Titan“.
„Während unseres Tauchgangs hatten wir ein kleines Sicherheitsproblem. Plötzlich begann unser Sauerstoffgehalt zu sinken und ich wurde bewusstlos, während wir abtauchten“, berichtet er gegenüber The Sun. Glücklicherweise hatten sein Vater und der Pilot nicht dasselbe Problem, andernfalls hätte der Tauchgang tödlich enden können. „Zum Glück hatten wir im Inneren des U-Boots Sauerstoffmesser, die einen niedrigeren Sauerstoffwert als normal anzeigten. Also haben wir ihn erhöht, und dann war ich wieder im Spiel“, so Harris in einem Interview mit der Sun, das er während der Suche nach dem vermissten Tauchboot „Titan“ führte. Mittlerweile ist der Grund für das Verschwinden des U-Boots bekannt: Es implodierte mit fünf Menschen an Bord.
Harris stellte schon während des Gesprächs mit der britischen Boulevardzeitung die These auf, dass das von OceanGate Expeditions gebaute U-Boot während seines Sinkflugs eine katastrophale Implosion erlitten haben könnte. Innerhalb von 48 Stunden erwies sich die Vermutung als richtig. Harris meinte gegenüber der Zeitung auch, dass OceanGate bei der Konstruktion der „Titan“ an bestimmten Stellen gespart habe. Wenn man sich die Gesamtheit der Beweise und die Konstruktion des Tauchboots ansehe, „sieht es für sie nicht gut aus“, so Harris weiter.
Bei der „Titan“ werde man in einen offenen Zylinder verbracht, der dann verriegelt werde. Es gebe keine „Hundeluke zum Aussteigen“ wie in dem U-Boot, in der er damals zur Titanic abtauchte. „Das entspricht nicht den Sicherheitsstandards für Tauchboote“, so seine scharfe Kritik. An OceanGate-Gründer Stockton Rush sind offenbar jegliche Sicherheitsbedenken über sein U-Boot abgeperlt, wie eine E-Mail-Korrespondenz zwischen Tiefsee-Experten und Rush zeigte.
Harris sagte auch, dass er niemals einen Fuß auf die „Titan“ gesetzt hätte. „Das ‚Mir‘-Tauchboot, mit dem ich unterwegs war, hatte mehrere hundert Tauchgänge protokolliert, bevor wir losfuhren“, erinnert sich Sebastian Harris an seine vergangene Tiefsee-Expedition. Erst im Mai veröffentlichte der britische Sender BBC sensationelle, neue Bilder des Titanic-Fracks. Harris wünscht sich, dass der Tiefseetourismus eines Tages durchstartet. Doch noch stecke die Branche in den Kinderschuhen. Auch brauche die Technologie noch Zeit, um sicherzustellen, dass es sich um ein möglichst sicheres Erlebnis handelt, so seine Kritik.