Impfpflicht scheitert krachend
n-tv
Die Impfpflicht kommt nicht, weil es ihren Befürwortern in den Regierungsparteien nicht gelingt, eine Mehrheit zu organisieren. Dass die Union wohl auch aus Kalkül gegen eine Impfpflicht stimmt, dürfte den Graben zwischen Ampel und Opposition dauerhaft vertiefen.
Um 11:30 betrat Annalena Baerbock den Bundestag und schloss eine der letzten Lücken auf der Regierungsbank. Die Bundesaußenministerin war eiligst vom NATO-Gipfel in Brüssel zurückgekehrt, um über die Impfpflicht mit abstimmen zu können. Jede Stimme zählte und deshalb war der Plenarsaal an diesem Donnerstagvormittag auch so voll wie seit der Wahl der Bundesregierung nicht mehr. Doch auch der vorzeitige Heimflug aus Brüssel und die Teilnahme des Bundeskanzlers, der die Impfpflicht so vehement gefordert hatte, rissen es für die Befürworter der Impfpflicht innerhalb der Regierungsparteien nicht raus.
Der Gesetzentwurf für eine Beratungspflicht für alle Ungeimpften sowie eine Impfpflicht für alle Ungeimpften ab 60 Jahren ist krachend gescheitert, mit 296 Ja- zu 378 Nein-Stimmen. Von den 416 Ampelabgeordneten, die unter anderem wegen Corona-Infektionen nicht vollständig waren, weigerte sich gut ein Viertel, den Forderungen von Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nach einer Impfpflicht Folge zu leisten.
Auch in den Reihen von SPD und Grünen haben offenbar Abgeordnete gegen die Impfpflicht gestimmt, während alle Bitten in Richtung der Unionsfraktion vergebens war: Keine oder nur sehr wenige Abgeordnete von CDU und CSU sind aus der von Fraktionschef Friedrich Merz gebildeten Phalanx gegen den Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen ausgeschert. Dass der Unionsantrag auf eine Impfpflicht, die erst im Ernstfall scharf gestellt wird, 172 Ja-Stimmen erhielt, obwohl die ebenfalls nicht vollständig versammelte Unionsfraktion auf 197 Mandate kommt, deutet auf höchstens ein bis zwei Handvoll Gegner des Merz-Kurses in der Fraktion.