Frontex-Chef Leggeri tritt zurück
DW
Hat die EU-Grenzschutzagentur Frontex illegale Praktiken im Umgang mit Migranten gedeckt oder sich sogar daran beteiligt? Der Chef zieht nun die Reißleine.
Der Leiter der EU-Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Übergangsweise werde seine Stellvertreterin Aija Kalnaja die Amtsgeschäfte übernehmen, teilte der Frontex-Verwaltungsrat mit, in dem auch Deutschland einen Sitz hat. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums begrüßte Leggeris Schritt. Dies eröffne die Möglichkeit eines "Neuanfangs".
Der 54-jährige Franzose war im Zusammenhang mit Berichten über Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen massiv unter Druck geraten. Auch Frontex-Einheiten sollen darin verwickelt sein. Konkret geht es um sogenannte Pushbacks, die völkerrechtswidrig sind. Dabei handelt es sich um das gezielte Abdrängen von Migranten, die über die EU-Außengrenzen kommen wollen, oder um deren heimliche Abschiebung. Vor allem aus Griechenland gab es immer wieder solche Berichte, aber auch aus Polen.
Zuletzt hatten der "Spiegel" und das niederländische Recherchenetzwerk "Lighthouse Reports" berichtet, Frontex sei in Menschenrechtsverstöße gegen Schutzsuchende in der Ägäis verwickelt. Dort sollen die europäischen Grenzschützer Flüchtlingsboote erspäht und gestoppt haben. Den illegalen Pushback überließen sie demnach den griechischen Grenzschützern. Leggeri habe über Monate hinweg versucht, das Vorgehen zu vertuschen.
Die deutsche Hilfsorganisation Sea Watch, die sich für die Rettung von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer einsetzt, nannte den Rücktritt "überfällig, aber nicht ausreichend". Die Grenzagentur breche "systematisch Menschenrecht" und sei ein "Symbol tödlicher europäischer Abschottung". Sie müsse deshalb abgeschafft werden.