FC Augsburg: Raus aus dem Trott
Frankfurter Rundschau
Der Bundesliga-Check, Teil 1: FC Augsburg: Motzki Reuter verschwindet von der Bank, der Kader hat Perspektive, aber reicht die Klasse?
Viele hatten den FC Augsburg 2022/23 als Absteiger getippt, auf Platz 15 ist er am Ende eingelaufen; das Schwächeln in den finalen Wochen der Saison hat das Bild des leichten Aufschwungs unter dem jungen Coach Enrico Maaßen verwischt. Grundsätzlich herrscht Aufbruchstimmung: Sieben Heimspiele waren ausverkauft, unter ihnen die letzten sechs.
Wie stark ist der Kader? Eigentlich steckt in ihm viel Zukunft. Gezielt hat der FCA in den vergangenen Jahren frühere U21-Nationalspieler angeworben, auch solche aus erfolgreichen Generationen wie Arne Maier, Niklas Dorsch, Felix Uduokhai. Jüngster Zugang aus dieser Kohorte ist Torhüter Finn Dahmen (25), der auch auf dieser Position als Nachfolger des Mittdreißigers Rafal Gikiewicz eine Verjüngung einleiten soll. Im Wintertransferfenster war der FC Augsburg international unterwegs, griff vor allem in Frankreich und Kroatien zu. Der Blick geht auch in die zweite Liga, mit Innenverteidiger Patric Pfeiffer (23) aus Darmstadt und Mittelfeldspieler Tim Breithaupt (21) vom Karlsruher SC haben die bayerischen Schwaben Spieler für sich gewinnen können, die auch andere Bundesliga-Optionen gehabt hätten. Talent ist dem Kader nicht abzusprechen.
Worauf steht der Trainer? Enrico Maaßen, der in sein zweites Jahr in Augsburg geht, arbeitet am liebsten mit jungen Spielern; nach der Winteroffensive und mit den personellen Maßnahmen zur Saison 2023/24 ist es mehr und mehr sein Kader. Implantieren wollte Maaßen ein Spiel mit mehr Ballbesitz, das ist ihm in seiner Premierensaison nur in Ansätzen geglückt. Die klare Linie, die er beim Amtsantritt vorgegeben hatte, konnte er nicht halten – Augsburg hat die schlechteste Passquote aller Teams aus Europas fünf großen Ligen, litt allerdings darunter, die mit Abstand meisten Verletzungsausfälle in der Bundesliga gehabt zu haben.
Wo hapert es noch? Eine Schwäche in der vergangenen Saison waren die Außenverteidiger, rechts fehlte zum kriselnden Robert Gumny eine Alternative. Fraglich ist: Wer wird die Tore schießen? Mit Mergim Berisha – der im abgebrochenen Test gegen Besiktas Istanbul fehlte, als Besiktas-Fans mit Feuerwerkskörpern für einen Spielabbruch sorgten – tätigte der FCA im vergangenen August auf den letzten Drücker einen guten Transfer. Der gebürtige Berchtesgadener schaffte es im März sogar in die A-Nationalmannschaft. Allerdings: Man ist bereit, nach guter schwäbischer Art einen finanziellen Gewinn einzustreichen. Bekommen hat man Berisha durch die Wahrnehmung einer Kaufoption bei Fenerbahce Istanbul für vier Millionen Euro – die Versuchung und der Wille sind groß, ihn mit saftigem Aufschlag weiterzuverkaufen. Auch Berisha sieht sich dauerhaft nicht bei einem schwächeren Team der Bundesliga. Ohne ihn müsste der FCA in der Sturmmitte aber nachlegen.
Wer sticht heraus? Abwehrchef Jeffrey Gouweleeuw hält den Laden noch immer zusammen, in der Offensive war der aus Freiburg gekommene Ermedin Demirovic auch wegen seiner integrativen Art ein Gewinn, und Arne Maier, der Ex-Berliner, konnte sein verschütt gegangenes Talent wieder offenlegen, weil Trainer Maaßen für ihn eine neue Rolle schuf, in der ihm sogar Tore gelangen. Der Schweizer Ruben Vargas kann an guten Tagen eine Abwehr beschäftigen – allerdings glänzte er beim FCA zuletzt weniger als in seiner Nationalmannschaft.