Europa wendet sich vom russischen Gas ab
DW
Nach dem Gas-Exportstopp gegen Polen und Bulgarien wollen viele EU-Länder noch schneller Gas aus Russland durch Importe aus anderen Ländern ersetzen. Wie weit sind sie damit und was steht dem im Wege?
Wenn Moskau hart bleibt und weiter die Bezahlung von Gaslieferungen in Rubel verlangt, steht zu befürchten, dass nach Polen und Bulgarien weitere Länder kein russisches Erdgas mehr erhalten werden. Am kommenden Montag will die EU beraten, wie weit Umgehungsversuche der Energieunternehmen bei der Zahlung ein Verstoß gegen die Sanktionen sein könnten. Es geht um Zahlungen an die Gazprom-Bank in Euro mit einer automatischen Weiterleitung auf ein Rubelkonto. Verschärft sich diese Konfrontation mit Russland, droht eine größere Gas-Krise. Wie sieht das in einzelnen Mitgliedstaaten aus?
Die Regierung in Rom drückt aufs Tempo: 11,4 Milliarden Kubikmeter Erdgas hat Italien 2021 aus Russland importiert und war damit der zweitgrößte Abnehmer von russischem Gas in der EU. Mitte nächsten Jahres soll damit Schluss sein. Ein Etappenziel ist die Halbierung der Importe in den nächsten Monaten. Es gibt bereits neue Verträge mit Angola, der Republik Kongo und Algerien. Italien ist an die Trans-Mediterranean Pipeline angeschlossen und kann darüber Gas direkt aus Nordafrika beziehen. Rom sucht außerdem weitere Lieferanten in Qatar, Mozambique und Aserbeidschan.
Gas aus Angola soll als LNG importiert werden. Italien verfügt bereits über drei Flüssiggas Terminals und setzt auf den Ausbau: Eine weitere Station auf Sizilien soll im nächsten Jahr in Betrieb gehen. Außerdem will Italien drastisch Energie sparen. "Wollen wir Frieden oder Air Conditioning?", fragte Regierungschef Mario Draghi seine Bürger. Die Regierung antwortet mit einer Verordnung, wonach die Kühlung von Schulen und öffentlichen Gebäuden im kommenden Sommer auf 25 Grad und die Heizung im nächsten Winter auf 19 Grad beschränkt wird. Bis zu 4 Milliarden Kubikmeter Erdgas will man damit pro Jahr einsparen.
Griechenland sieht sich als künftiges Drehkreuz für die Erdgas-Versorgung der Balkanländer mit Gas. Die Pläne sollten ursprünglich die Abhängigkeit von der Türkei verringern und richten sich jetzt gegen russische Importe. Mittel dazu sind die Trans-Adriatic-Pipeline und die noch unfertigen Verbindungen nach Bulgarien sowie ein neuer Abzweig nach Nord-Mazedonien.
Schon vor dem Ausbruch des Krieges beschloss die Regierung in Athen, den LNG Terminal Revithousa in der Nähe von Athen, aus dem teilweise das griechische Gasnetz gespeist wird, auszubauen und zu modernisieren. Weitere Häfen bei Corinth und Alexandroupoli sollen noch mehr LNG anlanden und speichern können.