Elena Semechin: Schwimmen trotz Chemotherapie
DW
Bei den Paralympics gewinnt Elena Semechin im vergangenen Jahr Gold. Es ist das erfolgreichste Jahr in der Karriere der fast blinden Schwimmerin. Doch dann bekommt sie eine Diagnose, die ihr Leben auf den Kopf stellt.
Es ist die letzte Wende für Elena Krawzow - wie sie damals noch heißt - im Finalrennen über 100 Meter Brust bei den Paralympics in Tokio. Die fast vollständig blinde Schwimmerin hat rund eine Sekunde Rückstand auf die Britin Rebecca Redfern. Es ist spannend. Krawzow kämpft und kommt ihrer Konkurrentin immer näher. Erst auf den letzten Metern zieht die 27-Jährige vorbei und schlägt als Erste am Beckenrand an. Mit 0,64 Sekunden Vorsprung gewinnt die gebürtige Kasachin Gold.
Nach der Silbermedaille über dieselbe Strecke 2012 in London ist es ihr erster Sieg bei den Paralympics. "Das war die letzte Medaille, die mir noch gefehlt hat", erinnert sich die Athletin im DW-Interview. "Nach zehn Jahren harter Arbeit ist mir eine richtige Last von den Schultern gefallen." Zuvor hatte Krawzow bei Europa- und Weltmeisterschaften Titel gesammelt, zudem den Weltrekord auf ihrer Paradestrecke verbessert. Mit Gold bei den Paralympics aber ist die Schwimmerin auf dem Höhepunkt ihrer Karriere angekommen.
"Viele Sportlerinnen und Sportler fallen nach so einem Titel in ein Loch. Bei mir war das gar nicht so. Ich hatte eine wundervolle Zeit danach und habe es richtig genossen", berichtet sie. "Lediglich meine Kopfschmerzen, die mich geplagt haben, waren der Grund, warum ich nicht jeden Tag genießen konnte."
Krawzow lässt sich untersuchen und wartet auf eine Nachricht von ihren Ärzten. An dem Tag als sie die Diagnose bekommt, hat sie gemeinsam mit ihrem Verlobten gerade die Eheringe ausgesucht. Im Anschluss muss fährt sie zur MRT-Untersuchung. "Nach der ersten Diagnose war klar, dass irgendetwas nicht stimmt. Und nach einer weiteren Untersuchung wurde mir dann gesagt, dass da ein Hirntumor in meinem Kopf sei. Das war natürlich ein Schlag."
Auf einmal sei das Leben ein anderes gewesen, erzählt sie. "Da war nichts mehr mit Freude, Glück oder Euphorie, sondern Angst und Unsicherheit. Ich wusste nicht, was auf mich zukommt." Krawzow sagt alle Termine ab und macht ihre Krankheit öffentlich. "Ich wollte das nicht verheimlichen. Ich wollte nicht, dass man mir komische Fragen stellt", sagt sie. "Das hat mir sehr geholfen. Ich hatte mich ganz gut im Griff und glaube, dass ich sehr gut damit umgegangen bin."