Die Gewalt im Sudan und das Dilemma des Westens
DW
Westliche Staaten waren im sudanesischen Reformprozess stark engagiert. Angesichts der Eskalation wird nun diskutiert, ob der Westen die Lage und vor allem seine Kooperationspartner dort richtig eingeschätzt hat.
Kämpfe, Tote und Verletzte, tausende Menschen auf der Flucht. Der Aufbruch des Sudan in Richtung Aussöhnung, Demokratie und Rechtsstaat ist vorerst gescheitert, Hoffnungen auf eine gedeihliche Zukunft des Landes haben sich bis auf Weiteres zerschlagen. Im Land herrscht Verbitterung - über die beiden sudanesischen Kriegsherren Abdel Fattah al-Burhan und Mohammed Hamdan Daglo, genannt Hemeti. Doch auch über die Rolle der westlichen Staaten sind nicht wenige Sudanesen enttäuscht.
Er wache trotz vereinbarten Waffenstillstands unter dem Gefechtslärm auf, schrieb der Aktivist Hamid Khalafalla kürzlich auf Twitter. Warum, fragte er in bitterer Ironie, sollten die sudanesischen Generäle das Schweigen der Waffen respektieren, wenn die USA sich ihnen gegenüber weiterhin so nachsichtig zeigten? Ihr Militärcoup vor 18 Monaten sei praktisch unbestraft geblieben, beklagt er.
Die westlichen Staaten würden sich nach dem jüngsten Gewaltausbruch zunehmend aus dem Land zurückiehen, argumentiert Khalafalla unter Bezug auf die Evakuierung westlicher Ausländer. Damit gehe auch ihr bisheriger Einfluss verloren.
Im Kern sei der Konflikt hausgemacht, sagt vor Ort hingegen Marina Peter, Gründerin und Chefin des Sudan- und Südsudan-Forum. Der Konflikt sei eine Folge von seit Jahrzehnten ungelösten Problemen: Ressourcenkonflikte - und ebenso der Machthunger einiger politischer und vor allem militärischer Akteure des Landes. Der sei von einer solchen Dynamik, dass er sich von außen nur schwer beeinflussen lasse.
Allerdings habe der Westen nach 2019 - in jenem Jahr wurde der damalige Machthaber Omar al-Baschir gestürzt - auch Fehler gemacht. "Und zwar insbesondere den Fehler, dass an den offiziellen Verhandlungen und Gesprächen weite Teile der Zivilgesellschaft nicht beteiligt wurden", sagt die deutsche Sudan-Expertin der DW. Stattdessen habe man zu sehr auf die Militärs gesetzt. "Dabei haben sudanesische Aktivisten und auch wir ausländischen Beobachter immer wieder gewarnt, dass man den Militärs und insbesondere Hemeti nicht trauen und dass es mit ihnen auch keine tragfähige Lösung geben kann."