Der Papst, seine Vaterstadt - und ein Spalt
Süddeutsche Zeitung
Traunstein, das Benedikt XVI. gerne als seine "Heimat" bezeichnet hat, tut sich schwer mit dem Verhalten des emeritierten Papstes im Missbrauchsskandal. Vor seiner Büste versammeln sich Kritiker wie Fürsprecher.
Der Papst auf seinem steinernen Sockel bleibt bei all den Debatten als einziger vollkommen ungerührt. Sogar der Schneeregen, den ein starker, aber seltsam unentschlossener Wind an diesem kalten Winternachmittag immer wieder über den Traunsteiner Stadtplatz weht, perlt vorerst einfach von ihm ab. Vielleicht zwei Dutzend Menschen stehen rundherum und reden vor allem über ihn und seine Rolle in jenem Missbrauchsskandal, der die katholische Kirche so lange Zeit eben nicht genug erschüttert hat und der jetzt doch an diesem Denkmal rüttelt.
Die Stadt Traunstein hat es sich selbst und ihrem Ehrenbürger Joseph Ratzinger, dem damaligen Papst Benedikt XVI., 2007 auf den Stadtplatz gestellt. Es ist diese bronzene Büste, die einfach weiter geradeaus ins Gestöber schaut inmitten all der Menschen, die vom echten Benedikt trotz seiner 94 Jahre nun mehr erwarten als eine Stellungnahme für das Gutachten einer Anwaltskanzlei und eine Korrektur, mit der er, der emeritierte Papst, eine Unwahrheit in einer zentralen Frage zugibt.
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Horst Trüdinger stellt die Frage, die auch ihn so umtreibt, auf einem großen Plakat, mit er dem schräg hinter Benedikts Büste vor dem Kirchenportal von Sankt Oswald Aufstellung genommen hat: Ob sich also der Kardinal Ratzinger als Erzbischof des Bistums München und Freising von 1977 bis 1982 mitschuldig gemacht habe durch "Vertuschen, Verschweigen, Verleugnen, Wegschauen" und was das dann für Konsequenzen haben müsste?
Horst Trüdinger hat mit seiner Fragen hinter der Papst-Büste Position bezogen.