Corona-Alltag in Wiesbaden: Intensivkräfte halten Sterbenden die Hand
Frankfurter Rundschau
Friederike Oppong, Krankenschwester in Wiesbaden, berichtet, wie auf der Intensivstation Menschen mit einer Corona-Erkrankung behandelt werden.
Wiesbaden – Es gibt Tage, da möchte Friederike Oppong nicht auf der Corona-Intensivstation arbeiten. Das lange Leiden und Sterben der Patient:innen ist für die Intensivkrankenschwester im St. Josefshospital in Wiesbaden nicht immer zu ertragen. Das ist nicht an vielen Tagen so, sie liebt ihren Beruf. Aber wenn es so ist, kann sie sich auf ihr Team verlassen und mit einem Kollegen oder einer Kollegin Aufgaben tauschen.
Anders als im letzten Winter sind es viele junge Menschen, die an Covid-19 erkranken. Junge sterben nicht so schnell, das bedeutet lange Liegezeiten. Oppong ist mit ihren 42 Jahren keine Anfängerin. Sie arbeitet seit 1998 im Joho, wie das katholische Hospital genannt wird, seit Jahren auf der Intensivstation. Wenn Junge sterben, gehe ihr der Tod näher als der von über 80-Jährigen. Gerade liege ein Familienvater auf Intensiv, das zweite Kind acht Wochen alt. Das macht ihr Sorgen.
Durchschnittlich bleiben die Patienten und Patientinnen im Joho 14 bis 18 Tage auf Intensivstation. Es gibt aber auch Beatmungsfälle von über 42 Tagen. „Man lernt die Menschen richtig gut kennen“, berichtet sie, „man kommt sich näher.“ Auch die Angehörigen sind bekannt, Ehefrauen, Kinder, Eltern. Ihnen bleibt der Zugang aus hygienischen Gründen verwehrt. Ist Zeit, ermöglicht Oppong den Patient:innen, die nicht ins künstliche Koma versetzt wurden, Chat-Gespräche mit ihren Lieben. Das ist der einzige Zeitvertreib. „Auf einer Covid-Station zu liegen, ist schlimmer als Gefängnis“, beschreibt sie die Situation, „es gibt noch nicht einmal Hofgang.“