Alles wie immer, nur anders
Süddeutsche Zeitung
Die Nominierungen für die Oscars stehen fest. Die besten Chancen hat das Netflix-Drama "The Power of the Dog", die deutsche Einreichung schafft es nicht in die Endauswahl.
Das Selbstbewusstsein der amerikanischen Filmakademie, die jedes Jahr die Oscars vergibt, war in den vergangenen Jahren ein bisschen angeknackst. Die Einschaltquoten bei der Übertragung der Verleihung gingen in den Keller. Und weil das gute alte Kino es gerade recht schwer hat (Netflix, Pandemie), wirkte die Verleihung der Golden Globes, bei denen auch viele Serienproduktionen ausgezeichnet werden, oft wie die spannendere Veranstaltung. Nachdem die Veranstalter der Golden Globes sich aber durch diverse hausgemachte Skandale selbst ins Aus geschossen haben, könnten dieses Jahr die Oscars mal wieder so richtig glänzen.
Am Dienstag haben die Schauspielerin Tracee Ellis Ross und ihr Kollege Leslie Jordan im Namen der "Academy of Motion Picture Arts and Sciences" die Nominierungen für die 94. Oscar-Verleihung bekanntgeben. Sie findet am 27. März im Dolby Theatre in Los Angeles statt. Das Nominierungsritual ist immer eine recht bürokratische Angelegenheit, weil in kurzer Zeit sehr viele Namen und Filmtitel vorgelesen werden. Das versuchten die Macher aufzulockern, indem sie zur Bekanntgabe eine in Hollywood sonst eher seltene Spezies mit ins Boot holten: sogenannte "normale Menschen". So wurde unter anderem ein Feuerwehrmann aus New York zugeschaltet, der die Nominierten in der Kategorie beste visuelle Effekte vorlesen musste. Außenwette-Touch bei den Oscars!
Das Feld der Nominierten beweist, dass man es im konservativen Hollywood gern altbewährt hat, obwohl sich gerade alles verändert. Altbewährt in dem Sinne, dass ein Film wie Steven Spielbergs Update der "West Side Story" zwar nicht besonders gut im Kino lief, aber eben ganz klassischer Oscar-Stoff ist: Kostüme, Tanzszenen, eine Liebesgeschichte auf Romeo-und-Julia-Niveau. Deshalb gab es trotz des Boxoffice-Misserfolgs insgesamt sieben Nominierungen, darunter in den Topkategorien beste Regie und bester Film.
Dass sich gerade alles verändert, sieht man wiederum daran, dass das Drama "The Power of the Dog" stolze zwölf Nominierungen bekommen hat. Der Western ist zwar auch klassischer Hollywoodstoff - aber ein Netflix-Film. Unter anderem wurde Benedict Cumberbatch für "The Power of the Dog" als bester Hauptdarsteller nominiert und Kirsten Dunst als beste Nebendarstellerin. Der Film ist auch als bester Film nominiert und seine Regisseurin Jane Campion ist die einzige Frau, die in der Regie-Kategorie auftaucht. Das ist eine Sonderrolle, die sie seit ihrem Erfolg "Das Piano" gewöhnt sein dürfte. Sie ist jetzt die erste Frau, die zweimal als beste Regisseurin nominiert wurde (während Spielberg seine Nominierungen vermutlich schon nicht mehr zählen kann).
"Power of the Dog"-Crew, jeweils nominiert: Regisseurin Jane Campion (l.), Benedict Cumberbatch und Kirsten Dunst.