Alix Kates Shulman „Erfahrungen eines schönen Mädchens“: Sie nervt ihn, sie langweilt ihn
Frankfurter Rundschau
„Erfahrungen eines schönen Mädchens“, ein feministischer, keineswegs veralteter 60er-Jahre-Roman von Alix Kates Shulman.
Es ist nicht verwunderlich, dass es in den USA eine Menge Aufregung gab um den Roman „Erfahrungen eines schönen Mädchens“, als er im Jahr 1972 erschien: Seine Autorin nahm von A wie Abtreibung bis T wie Tripper kein Blatt vor den Mund. Er war das Debüt der 1932 geborenen Feministin Alix Kates Shulman, seit 1967 Mitglied im Women’s Liberation Movement und dazu im Kampf gegen Rassismus engagiert. Bis heute, heißt es im Klappentext, setze Shulman sich „für Frauenrechte und das Recht auf körperliche Selbstbestimmung ein“. Es wird die Schriftstellerin wie auch Aktivistin schmerzen, dass in einigen Staaten der USA gerade die Zeit zurückgedreht wird. Sasha Davis heißt die Protagonistin, das „schöne Mädchen“, das sich gleich im Prolog dazu bekennt, quelle horreur!, „die dreißig überschritten“ und Kinder zu haben. Dann erzählt sie – mal in die eher ferne, mal in die nahe Vergangenheit springend – von ihrem Aufwachsen („Meine Eltern waren so süß und weich wie Apfelmus“), von ersten Erfahrungen mit Jungs, ihrer Wahl zur Königin des Bunny Hop: „Ich lächele derart engagiert, dass mein Zahnfleisch sichtbar wird.“ In der Schule hört man ihr zu – auch wenn es bisweilen daran liegen mag, dass die Mitschüler scharf auf sie sind. An der Uni, Sasha studiert Philosophie, verunsichert sie die Herablassung der Männer, die über ihren Kopf hinweg diskutieren, als sei sie gar nicht vorhanden. „Ich interessierte mich einzig und allein für Professoren, jene rein geistigen Wesen“: Shulmans Ironie verschont auch ihre Ich-Erzählerin nicht. Denn natürlich kann der gelehrte und angehimmelte Professor Alport gar nicht schnell genug mit Sasha ins Bett gehen. Und keineswegs, das wird sie später von Alports Frau erfahren, ist sie die erste Studentin, deren Intellekt ihn eher mäßig interessiert. Heute würde man es sexuellen Missbrauch nennen, aber Sasha fühlt sich durchaus geschmeichelt.More Related News