AfD-Parteitag: Zeitenwende für die Rechtspopulisten?
DW
Machtkampf bei der Alternative für Deutschland. Ob sich Parteichef Tino Chrupalla nach einer Serie von Wahlschlappen halten kann, ist ungewiss. Wie so vieles bei der AfD.
Geografisch ist es ein Heimspiel für Tino Chrupalla, denn die Alternative für Deutschland (AfD) trifft sich zu ihrem bis 19. Juni dauernden Parteitag in Riesa. Die Kleinstadt, in der knapp 30.000 Menschen leben, liegt in Sachsen. Aus diesem Bundesland stammt der AfD-Vorsitzende, der um sein politisches Überleben kämpft. Wie er sich sein persönliches Schicksal und die Zukunft der Rechtspopulisten vorstellt, formulierte Chrupalla zu Beginn des dreitägigen Treffens: "Hier wollen wir gemeinsam die destruktive Stimmung der vergangenen Zeit hinter uns lassen."
Seit Monaten tobt ein Machtkampf zwischen dem sich bürgerlich-konservativ verstehenden Lager und dem offen rechtsextrem auftretenden Flügel um den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke. Tiefpunkt war der Parteiaustritt Jörg Meuthens, der sich bis zu seinem Rückzug im Februar 2022 mit Chrupalla den Parteivorsitz geteilt hatte. Der 60-Jährige hatte für einen gemäßigteren Kurs der vom Verfassungsschutz beobachteten AfD gekämpft.
Die Querelen haben tiefe Spuren hinterlassen, vor allem bei den bislang drei Landtagswahlen 2022. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen stimmten nur noch 5,4 Prozent für die Partei. Kaum mehr waren es zuvor im Saarland gewesen (5,7). Und in Schleswig-Holstein scheiterte sie mit 4,4 Prozent sogar an der Sperrminorität von fünf Prozent.
Damit wurde die AfD erstmals aus einem Landesparlament gewählt, nachdem sie seit ihrer Gründung 2013 im Eiltempo in allen 16 Bundesländern bei Wahlen erfolgreich gewesen war. Bei der Bundestagswahl 2017 avancierte sie mit 12,6 Prozent sogar zur stärksten Oppositionsfraktion. Die Partei nun wegen ihres aktuellen Abwärtstrends als Auslaufmodell einzustufen, wäre aber wohl verfrüht, sind sich viele Experten sicher.
So schätzt das auch der Politikwissenschaftler Manès Weisskircher gegenüber der DW ein. Zwar sei die abnehmende öffentliche Bedeutung des Migrationsthemas für die AfD mit Sicherheit ungünstig – dennoch habe sie bei der Bundestagswahl 2021 den Wiedereinzug mühelos geschafft. In der Tat: Das Ergebnis war mit 10,3 Prozent wie bei der Premiere 2017 (12,6) zweistellig.